Murray River

Murray RiverFür die folgenden Tage haben wir vor dem River Murray zu folgen. Er ist, nach dem Darling River, der zweitgrösste australische Fluss und der drittgrösste beschiffbare der Welt nach Nil und Amazonas. Bevor wir Murray Bridge ansteuern, besuchen wir noch ein bekanntes Touristenstädtchen, Hahndorf, ebenfalls von deutschen Lutheranern gegründet. Boutique an Boutique mit geschmackvollen Utensilien, deutsche Restaurants, die Eisbein mit Sauerkraut zu bayrischer Musik servieren, Bäckereien mit echt deutschem Brot, das aber schon sehr australisiert schmeckt (:-)) reihen sich in der Strasse aneinander. Horden von Touristen flanieren herum, vor allem Australier, wir sind hier eher Fremdkörper.

Murray9Am Murray angelangt bleiben wir zwei Tage in Mannum, wo wir die ersten wunderschönen alten Paddleboats bewundern können. Der Murray wurde schon früh beschiffbar gemacht, um Waren für die Siedler im Norden und Holz hinunter an die Küste zu transportieren. Zu diesem Zweck wurden 26 Schleusen (engl. locks) gebaut. Viele der alten Dampfschiffe sind erhalten geblieben und zu Passagierbooten umgebaut worden. Das schönste und grösste von ihnen, die Murray Princess bietet 3- und 7-tägige Fahrten an, das hätte ich uns auch gerne gegönnt! Wir machen in einem kleineren Boot eine Fahrt, wo wir viele Vögel beobachten können und interessante Informationen erhalten. Murray4Unterwegs passieren uns immer wieder Hausboote, die aber im Unterschied zu den handlichen Booten in Frankreich und anderen Ländern in Europa viereckige Kisten mit zum Teil gigantischem Ausmass sind. Jeglicher Luxus ist erhältlich, vom Grossbildschirm und Abwaschmaschine bis Barbequeue!

Murray5Murray6In Kingston on Murray besuchen wir zuerst eines der grössten Weingüter Australiens, die Banrock Station, idyllisch in der Wildnis über dem Murray gelegen. Am nächsten Morgen mieten wir ein Kanu, um die Vogelwelt zu erkundigen. Hunderte von Enten, Reiher, schwarze Schwäne, Taucherli und Pelikane schwimmen im Wasser der Lagune. Wir versuchen uns heranzupirschen, Ruedi vorne mit Kamera, ich hinten am Paddeln und Steuern. Da Ruedi immer wieder „rechts“ mit „links“ verwechselt, ist dies eine wahre Herausforderung! „Links, links…, nei do dure, links hani doch gseit!“ Machi doch, gopfridschtutz, scho di ganz Zyt!“ „Aha, also rächts….Jetz dööt dure (er wedelt wild mit dem Arm), no meh, und jetz rächts!“ „Jä, meinsch würklech rächts, oder doch ehner links?“ Und so geht das weiter und die lieben Vögel haben immer prächtig Zeit aus dem Kamerablickwinkel zu entwischen! Da die Sonne erst richtig durchbricht, als wir die Boote zurückgeben, haben wir eh nicht so viel verpasst.

Murray8Den Jahreswechsel gedenken wir in Berri zu verbringen. Zwar sind wir hier nicht direkt am Fluss, aber der Caravan Park ist sehr gepflegt und in der Umgebung können wir einige Naturtrails erkunden. Für den Silvesterabend ergattern wir einen Tisch im Berri Community Club, Dinner mit anschliessend Musik und Tanz zusammen mit der Lokalprominenz aus Berri, ältere und jüngere Paare. Die älteren entpuppen sich später als geübte Jive- Tänzer; wir geben uns alle Mühe nicht abzufallen!

Nun bricht die grosse Hitze aus. Das Thermometer steigt auf 44 Grad und für uns, ohne Airconditioning, werden die Nächte langsam ungemütlich. Aus allen Caravans und Wohnmobilen um uns herum ertönt den ganzen Tag lang das sanfte Rauschen der Kühlung, bei uns baut sich die Hitze auf und entfaltet sich zur vollen Blüte, wenn wir unter resp. auf die Decke schlüpfen. Nun ist der grosse Moment wieder da und Ruedi holt unter meinen skeptischen Blicken seinen Ventilator aus der Versenkung. Da steht uns noch einiges bevor in nächster Zeit…

Da ich unbedingt die Stelle sehen möchte, wo der Darling, der längste Fluss Australiens, mit dem Murray zusammentrifft, fahren wir nach Wentworth. Es ist immer noch brütend heiss und dazu weht ein starker Wind, der sich wie der Föhn im Badezimmer anfühlt. Der Campground ist einfach, hat aber ein wunderschönes Ufer am Darling mit Bird Watching-Häuschen und vielen Vögeln, Prachtsexemplaren, die wir noch nie gesehen haben. Wir erhalten einen Platz in der hinteren Ecke, mitten auf einer staubigen Fläche. Zuhinterst steht ein kleines Zelt und daneben ein Fahrrad. Im Vogelbeobachtungshäuschen sitzt ein Mann, offensichtlich der Velofahrer. Einerseits bewundere ich ihn uneingeschränkt, andererseits tut er mir etwas Leid, weil er so alleine und so spartanisch ausgerüstet ist und so lade ich ihn spontan zu Kaffee und Kuchen in unserer „Villa“ ein. Murray3Er nimmt die Einladung gerne an und nach kurzer Zeit sind wir in eine angeregte Unterhaltung vertieft, ständig unterbrochen von Windstössen, die uns regelrecht in Staub einhüllen. Wir verabreden uns zum gemeinsamen Nachtessen in der Campingküche, worüber wir bald noch so froh sind, denn aus der Hitze entwickelt sich ein handfestes Gewitter und unsere Staubfläche verwandelt sich in einen Morast. So braten und kochen wir uns ein feines Znacht, während eine Gewitterfront nach der anderen über uns hinwegzieht und die Temperatur innert kurzer Zeit von 45 auf etwa 25 Grad sinkt! Brent Matthews, der äusserst sympathische Radfahrer, ist ein Unternehmer aus Belgrave bei Melbourne. Als er erfährt, dass wir auf dem Weg nach Melbourne sind, lädt er uns für die Zeit dort zu sich ein. Er zeigt uns ein Video von seinem Grundstück mit seinem Haus und einem kleinem Cottage, das er uns zur Verfügung stellen möchte! Am anderen Morgen winken wir ihm zu, als er mit seinem schwer bepackten Rad seine geplanten 120 Tageskilometer in Angriff nimmt!

Murray7Die Abkühlung ist von kurzer Dauer, schon nimmt die Hitze wieder zu. Wir fahren nur 25 km weiter nach Mildura. Direkt gegenüber der Werft finden wir einen hübschen Caravan Park mit wunderschönem naturbelassenen Ufer, wo sich viele Vögel tummeln. Im Gegensatz zu früheren Plätzen ist hier die Geschwindigkeit für Boote auf 4 km/h beschränkt und die störenden lauten Schnellboote und Jetskis sind kaum vorhanden. Dafür können wir auf dem gegenüberliegenden Ufer die alten Dampfschiffe bewundern. Mit der „Melbourne“ machen wir denn auch einen Ausflug, der uns zweimal durch die Schleuse führt. Wir sind fasziniert von der Maschine, die mit Holz angefeuert die schweren Schaufelräder in Gang hält und steigen immer wieder in den Bauch des Schiffes, um dem Heizer zuzuschauen!

Murray2Der Wetterbericht hat für die nächsten Tage um die 40 Grad prophezeit. Da uns dieser Platz so gefällt, beschliessen wir unseren Aufenthalt zu verlängern. Beinahe stündlich gehen wir im Fluss schwimmen, was uns jedesmal eine herrliche Abkühlung bringt.
Beim Gang durch den Ort entdecken wir, dass am Abend ein Klavierkonzert stattfindet, und so stehen wir um 18.30 Uhr mit vielen anderen vor dem Konzertraum bereit. Ein italienischer Musiker soll uns aus dem „wohltemperierten Klavier“ von J.S.Bach sowie Stücke von Chopin und Schubert zum Besten geben. Bevor er jedoch anfangen kann, ertönt ein lauter Knall. Die Aufmerksamkeit des Publikums wendet sich nach draussen; ganz in der Nähe steht ein Auto in Flammen, immer wieder hört man Explosionen. Unser Camper steht gottseidank ein Stück entfernt. Es dauert eine Weile, bis sich die Aufregung gelegt hat und der arme Künstler endlich mit Spielen anfangen kann!

Jedesmal, wenn die Dämmerung einbricht, ertönt von einem Baum in unserer Nähe lautes Geschimpfe, das sich mehr und mehr steigert, um dann plötzlich abzubrechen. Es sind einige Kookaburras, „Lachender Hans“, wie wir den Vogel nennen, und es tönt tatsächlich wie ein unbändiges Gelächter, das er von sich gibt! Wir haben schon lange darauf gewartet, diesem Vogel zu begegnen und können ihn tatsächlich auch tagsüber beobachten!

Nach der Hitzeperiode ist ein Schlechtwettereinbruch angekündigt und wir gedenken nun doch Richtung Grampians Nationalpark aufzubrechen, erst recht, da wir auf dem Handy der Buschfeuerwarnung des Staates Victoria, die wir in den letzten Tagen regelmässig verfolgen, entnehmen können, dass die Feuer im Nationalpark unter Kontrolle sind. Unterdessen hat nämlich die Zeit der verheerenden Buschbrände angefangen, eine wahre Plage in Australien. Vor knapp zwei Wochen sind wir durch die Adelaide Hills gefahren, vor einigen Tagen haben dort Feuer riesige Flächen Wald und etwa 24 Häuser zerstört!

Video: Murray River