Adelaide

Marianne mit Reto Gasser Vor einigen Tagen habe ich mich bei Reto Gasser, einem ehemaligen Schulkollegen aus Aarburg, angemeldet, dass wir „im Anmarsch“ sind. Reto lädt uns spontan bei sich ein. Sein Wohnort, Gawler, liegt an unserer Strecke kurz vor Adelaide und so finden wir uns plötzlich wieder einmal in einem richtigen Haus. Draussen brütet die Hitze, wir hören bei kühlen Getränken Reto zu, der uns aus seinem spannenden Leben erzählt. Er hat in der Schweiz Koch gelernt und sich bald einmal nach Australien abgesetzt, wo er an verschiedenen Orten gearbeitet und sich daneben weitergebildet hat. Nachdem er längere Zeit im Barossa Valley sein eigenes Restaurant geführt hatte, arbeitet er nun als Hauswirtschaftslehrer an einer Privatschule. Wir gehen zusammen eine fabelhafte Pizza essen und schlafen dann nach fast drei Monaten im Camper das erste Mal wieder in einem Bett.
Reto ist am 23. Dezember bei der Familie seiner Stieftochter zu einem Vor-Weihnachtsessen in Adelaide eingeladen und ganz spontan erstreckt sich die Einladung auch auf uns; wir freuen uns sehr mal bei einer echten Aussie-Familie dabei zu sein!

Barossa Valley
SeppeltsfieldYalumba
Doch zuvor wollen wir noch dem berühmtesten Weinanbaugebiet Australiens einen Besuch abstatten. Leider präsentiert sich der Morgen grau in grau, die Wolken hängen tief und die liebliche Landschaft mit ihren vielen Weinbergen kommt nicht so zur Geltung. Wir ziehen von Ort zu Ort, besuchen die Whispering Wall, einen Staudamm, bei dem die Akustik dermassen gut ist, dass die an einem Ende geflüsterten Worte am anderen Ende deutlich zu hören sind, lassen uns beeindrucken von den beiden herrschaftlichen Weingütern Seppeltsfield und Yaluma, wo wir uns mit ein paar Flaschen eindecken und staunen über einen Family Tree, einen grossen ausgehöhlten Baum, in dem eine Einwandererfamilie aus Deutschland mit ihrer Kinderschar in Ermangelung einer Unterkunft fünf Jahre lang lebte! In dieser Gegend hatten sich sehr viele Menschen aus Deutschland niedergelassen, Lutheraner aus dem Norden, die vor religiösen Repressionen geflüchtet waren. Gerne würden wir in den ans Barossa Valley anschliessenden Adelaide Hills noch mehr Zeit verbringen, doch fängt es leider an zu regnen und wir beschliessen direkt in die Stadt weiterzufahren.

Adelaide und Glenelg
Adelaide4
Wir wählen den grossen Beachfront Caravan Park an der West Beach als Unterkunft; Ruedi hat nämlich hier vor 24 Jahren schon einige Tage verbracht und schwelgt in Nostalgieda (Hier sind wir immer an den Strand/ Da ist uns in einem starken Wind der Sonnenschirm davongeflogen etc).
Von der Stadt erhalten wir gratis Bikes, zwar nur Dreigänger und mit ungewohntem Rücktritt. Egal, wir trampen dem Flüsschen Torrens entlang 14km auf dem Radweg in die City, überall kleine Parks und hübsche Wohnquartiere.

Familie Gail und JohnAdelaide7Am Abend fahren wir mit dem Auto zu Gail und John mit ihren beiden Kindern, Reto ist bereits da und wir werden sogar in seine Bescherung mit einbezogen. Er überreicht uns unser einziges Weihnachtsgeschenk dieses Jahres, liebevoll verpackt und mit schöner Karte; wir sind ganz gerührt! Zudem hat er echte Rösti vorbereitet und der Braten liegt auch schon im Ofen. Locker und unkompliziert werden wir in der familiären Runde aufgenommen und unterhalten uns bestens mit den Gastgebern. Auf dem weihnachtlich gedeckten Tisch liegen Crackers bereit und wir machen zum ersten Mal bei diesem angelsächsischen Brauch mit. Nach dem feinen Fruchtsalat mit Glace verabschieden wir uns mit prallgefüllten Bäuchen. Wenn Reto 2016 die Schweiz besucht, werden wir uns mit Freude revanchieren!

Video new YearAm nächsten Tag ist Strandleben angesagt. Doch zuvor wartet noch etwas Arbeit auf uns. Ruedi brütet schon seit Tagen an einem Film herum um unsere Familie und Freunde zum neuen Jahr zu begrüssen. Meine Idee von einem Föteli mit Text wird als zu banal abgetan. Langsam schält sich ein Aufhänger heraus, Down Under, alles auf dem Kopf. Ein Drehbuch wird entworfen. Nun darf auch ich meine Ideen einbringen. Und so ziehen wir mit Sack und Pack Richtung Strand. Erste Herausforderung ist den idealen Drehplatz zu finden. Hier ist es zu windig, da stimmt der Sonneneinfall nicht, dort ist der Hintergrund zu hell, am vierten Ort der Boden zu uneben. Der Campingstuhl in meiner Hand (anstelle des fehlenden Stativs) nimmt an Gewicht zu und ich werde langsam aber sicher unleidig. Nach zwanzig Minuten hin und her finden wir endlich den idealen Drehort, doch dann fängt die Plackerei erst richtig an. Jede kurze Sequenz wird mehrere Male gedreht, dann wenn nötig nochmals wiederholt, mal hocke ich zu tief, dann er zu hoch, dann ist meine Bierbüchse fälschlicherweise auf dem Boden statt in der Hand (habe ich gemerkt!) und danach das Badetuch nicht mehr an der gleichen Stelle. Und dauernd brennt uns die Sonne auf den Pelz und bläst der Wind vom Meer her Sand in die Augen und in den Mund, dass es nur so knirscht bei jedem Wort. Hollywood pur, nur gibt es dort wenigstens eine Gage!

Am 24. Dezember treffen wir im Vorort Glenelg, dem Stadtstrand Adelaides, eine der Bekannten aus dem Ghan Express zum Kaffee. Und nun bin ich nostalgisch, haben doch Bettina und ich hier zwei Tage verbracht. Der Ort hat sich in den sechs Jahren eindeutig zum besseren verändert. Wir beschliessen Heiligabend hier zu verbringen und finden ganz am Ende des Piers ein feines italienisches Lokal. Alles wunderbar, aber weihnachtliche Gefühle wollen beim besten Willen nicht aufkommen; verschieben wir sie auf nächstes Jahr!

Adelaide5Nach drei Tagen an der Beach wechseln wir auf den Stadt-Caravanpark, sehr schön am River Torrens direkt neben dem Botanischen Garten gelegen, zu Fuss erreichen wir die City in 20 Minuten. Mehrere Male durchstreifen wir den wunderschönen Garten, spazieren am Torrens entlang, besuchen die Kunstgalerie und das Festivalgelände, stürzen uns ins Boxing Day-Gewühl (überall Ausverkauf am 26.12) und trinken Kaffee im Elder Park. Und ich als Perth-Fan muss zugeben, dass mir Adelaide eigentlich noch besser gefällt! Einziger Wermuthstropfen: Ich verliere auf dem Rückweg meine Kamera im Botanischen Garten und trotz sofortiger Wegkontrolle ist sie fünf Minuten später bereits verschwunden, und mit ihr auch alle Fotos von Adelaide…

Video Greetings from Down Under, Happy new Year