Goldgräberstadt Kalgoorlie und die Nullarborebene

KalgoorlieNach ca. 120 km Fahrt nordwärts lichtet sich die kompakte Wolkendecke; wir sind wieder zurück in „unserem“ Australien auf schnurgerader in der Hitze flimmernden Strasse und links und rechts das weite Buschland. Wir nähern uns den legendären Goldfeldern, die hier ab 1890 in weitem Umkreis entdeckt worden sind. Tausende von Goldsuchern versuchten hier ihr Glück, nachdem in Coolgardie und später in Kalgoorlie spektakuläre Funde gemacht worden waren. Auch heute noch kann man sich eine Lizenz zum Goldgraben kaufen, die unbeschränkt gültig ist, und seinen eigenen Claim abstecken! Die ehemalige „Goldgräberromantik“, die in Wirklichkeit knochenhart und lebensgefährlich war, hat sich total geändert. Früher wurde vor allem unter Tag abgebaut. Da in der Gegend kein Wasser vorhanden ist (auch heute noch wird das Wasser in einer grossen Pipeline 400 km von Perth her gepumpt), konnte das Gold nicht herausgewaschen werden und es entwickelte sich starker Staub, so dass viele Goldgräber in noch jungen Jahren an Lungenleiden starben.

Kalgoorlie, Big PitIm 20. Jahrhundert rentierten die hunderten kleinen Claims nicht mehr; nach und nach wurden alle zusammengefasst und heute ist eine grosse Gesellschaft für den Abbau verantwortlich. Und so ist östlich der Stadt eine riesige Grube, der Super Pit, entstanden, dessen Ausmasse gigantisch sind, 3.2km Länge, 1.3 km Breite und 330 m Tiefe!
Die Doppelstadt Calgoorlie-Boulder hat sich im Goldrausch und in der neueren Zeit zur zweitgrössten Stadt Westaustraliens (33`000 Einwohner) entwickelt. Aus den Gründerjahren sind prächtige Bauten zu sehen, die elegante Town Hall (Rathaus), das älteste Bordell Australiens (zur Blütezeit existierten deren 25!) und mehrere altehrwürdige Hotels.

Kalgoorlie3Wir haben Glück: Der Tag der Heiligen Barbara, der Heiligen der Bergleute, wird gefeiert und es soll eine grosse Parade durch`s Stadtzentrum stattfinden.
Pünktlich um vier Uhr stehen wir in der weihnachtlich geschmückten Hauptstrasse hinter der Abschrankung bereit, wo uns zahlreiche Lautsprecher mit Weihnachtsliedern berieseln. Eingeleitet durch eine kurze Ansprache des Mayor (Bürgermeisters) und die Segnung eines Priesters schreitet und fährt nun ein Querschnitt durch das städtische wirtschaftliche und soziale Lebens an uns vorbei,Kalgoorlie, Truck Primary- und High Schoolklassen in dekorierten Wagen, der Rotary Club, die Stadtverordneten, Polizei und Feuerwehr, die (mehr als wohlgerundete) Damenbauchtanzgruppe, Zulieferer der Minengesellschaft etc. etc. und am Schluss als Höhepunkt die Fahrzeuge aus dem Super Pit, Kipplaster und Bagger, vom Grubenrand aus anzusehen wie Spielzeuge, direkt vor uns aber riesig und monströs, wie aus einer anderen Welt, auch sie mit Lametta und Girlanden geschmückt. Auf dem grössten fährt das Christkindlein (eine ältere gewichtige Dame :-)) persönlich mit! Die Minengesellschaft hat 31 solche Kipper im Einsatz, jeder im Werte von 4 Mio. Dollar!

Am Abend besuchen wir die Wild West-Bar eines der alten Hotels. Zwei junge, ausgesprochen hübsche Mädchen in knappen Bustiers, Tangas und Strapsen bedienen die einsamen Miner mit Alkoholika. Auch uns wird das Bier von einer der knapp bekleideten Schönheiten serviert, was vor allem Ruedi sehr zu schätzen scheint :-)!

NullarborebeneNullarbor Plain
Bevor wir Kalgoorlie verlassen, decken wir uns für die Weiterfahrt mit Lebensmitteln ein. Wir haben die Durchquerung der Nullarborebene (aus dem lat. nullus arbor = kein Baum) vor, einer 200`000 qkm grossen, sehr spärlich bewachsenen Kalksteinplatte, ahnscheinend der grössten der Erde. Nur dem 1670 km langen Eyre Highway entlang findet man in Abständen von etwa 200 km ein Roadhouse oder eine kleine Ansiedlung. Etwa 100 km nördlich des Highways verläuft die Bahnlinie. Sie enthält die mit 478 km längste völlig gerade Schienenstrecke der Welt. Auch für die Strasse fanden die Erbauer ideale Verhältnisse vor; das längste gerade Stück ist 146,6 km lang! Man stelle sich vor: Basel – Locarno ohne eine einzige Kurve!

Fraser Range CampgroundIn Norseman fangen wir das Abenteuer an, vollgetankt und mit Lebensmitteln und Wasser für 3-4 Tage ausgerüstet. Zuerst ist die Landschaft noch recht waldreich. Da es schon gegen Abend geht, übernachten wir abseits der Strasse in der Fraser Range Station,einer Farm mit Campingplatz in wunderschöner Landschaft. Eine Granithügelkette umgibt hier den grössten Eukalyptuswald der Erde mit zwanzig verschiedenen Eukalyptustypen.

Nullarbor, Strasse bis zum HorizontAnderntags geht es weiter, die Umgebung verändert sich langsam, wird karger, die Bäume seltener. Auf der 146 km langen Gerade verliert sich die Strasse am Horizont, der Verkehr nimmt ab. „Schatz, schau mal mit dem Feldstecher, ob du ein Fahrzeug siehst,“ ist unser Standardwitz. Wenn uns dann wirklich eines kreuzt, begrüsst man sich mit Handzeichen. Auf diesen endlosen Strassen entdecke ich meine Vorliebe für`s Fahren, Kilometer fressen, die karge Landschaft geniessen, so dass ich öfters vergesse eine Pause zu machen, was Ruedi dann aber energisch einfordert!

Übernachtet wird auf einem 24h- Rastplatz mitten in der Pampa, ein einfaches WC ist vorhanden. Hier treffen wir auf ein älteres Farmerehepaar aus der Nähe Perths, mit denen wir den Apéro teilen und ein interessantes Gespräch führen. Das Bauern in Australien ist komplett verschieden zu dem bei uns, keine Subventionen, extreme Wetterbedingungen, riesige Flächen.Unsere pensionierten Farmer führten einen eher kleinen Betrieb mit „nur“ 2000 ha Ackerland und zusätzlich 1500 Schafen… Bei uns hat ein durchschnittlicher Betrieb ca. 20 ha!

Da wir am nächsten Tag die Staatsgrenze nach South Australia überqueren werden, müssen wir unsere Gemüse- und Fruchtbestände aufessen, da sie sonst im Kübel der Quarantänestation landen. Also verzehren wir Kartoffeln, Rüebli, Salat, Äpfel, Bananen und eine riesige Mango, was wir zuviel eingekauft haben bringen wir den Farmern, die in die andere Richtung fahren und die Station hinter- und kein Grünzeug mehr bei sich haben!
Nullarbor, KüsteUnterdessen wachsen in der Umgebung tatsächlich keine Bäume mehr, nur noch Steine, Sand, rote Erde, weisse Salzseen und niedriges Buschwerk prägen die Landschaft. Ein längeres Stück des Highways führt nun an der Küste entlang, die aus beeindruckenden Klippen besteht. Wenn wir früher im Jahr unterwegs wären, könnten wir hier sogar Wale beobachten.

Kurz vor Ceduna übernachten wir ein letztes Mal in einem Ort mit dem seltsamen Namen Penong in einem Caravanpark, der zwar zweckmässig, aber ungemütlich kahl ist. Zudem schütteln Windstösse unseren Camper die ganze Nacht. Ab nun sind wir in South Australia und haben den grössten Staat (West Australia) nach über 2 Monaten verlassen. Seit Darwin sind wir 9500 km unterwegs!

Video zu Kalgoorlie.